TOGETHER independent: Fashion Changers

Die Fashion Changers: Nina Lorenzen, Vreni Jäckle und Jana Braumüller

Die Fashion Changers: Nina Lorenzen, Vreni Jäckle und Jana Braumüller

9 FRAGEN AN: Nina Lorenzen von den Fashion Changers

Mit ihrer Community-Plattform Fashion Changers wollen Nina, Vreni und Jana Themen rund um faire Mode und Nachhaltigkeit sichtbarer machen. “Für uns war von Anfang an klar: Das können und wollen wir nicht alleine schaffen. Deswegen bezeichnen wir auch nicht nur uns als Fashion Changers, sondern alle, die einen Unterschied machen wollen.” Im ALMOST-Interview erzählt Nina von ihrer Mission, an der wir alle teilhaben können.

 

Wer bist du und worum geht es bei eurem Magazin Fashion Changers?

Ich bin Nina und habe zusammen mit Jana und Vreni die Community-Plattform Fashion Changers gegründet, um Themen rund um faire Mode und Nachhaltigkeit sichtbarer zu machen. Angefangen haben wir damit, andere Medienschaffende auf Events zusammenzubringen. Damit viele an den Gedanken, Ideen und Lösungen, die aus der Community kommen, teilhaben können, haben wir 2018 das Fashion Changers Magazin gelauncht. Hier schreiben verschiedene Autor*innen und wir über Textilfasern, spannende Modelabels bis hin zu Greenwashing-Fallen. Aber auch Themen wie Diversität, Inklusion, Feminismus und Klima in Bezug auf Mode diskutieren wir im Magazin. Hin und wieder gibt es auch ein Fashion-Editorial. Denn bei all der kritischen Auseinandersetzung soll Mode auch weiterhin Spaß machen dürfen.

Wen wollt ihr mit Fashion Changers erreichen?

Letztlich wollen wir mit unseren Inhalten alle erreichen, die sich mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen möchten. Das kann auf ganz persönlicher Ebene sein: Wie kann ich meinen Kleiderschrank auf nachhaltige Mode umstellen? Aber die Auseinandersetzung kann auch auf systemischer Ebene passieren: Was hat Mode mit Feminismus und Klima zu tun? Welche Macht haben Konsument*innen wirklich? Und welche Verantwortung tragen Unternehmen? Wie können wir unsere Stimmen als Bürger*innen sinnvoll einsetzen? Unsere Mission ist es, diese Themen und Fragen medial sichtbarer zu machen, um so andere Menschen zu mobilisieren, sich für eine fairere und nachhaltigere Modeindustrie einzusetzen. Für uns war von Anfang an klar: Das können und wollen wir nicht alleine schaffen. Deswegen bezeichnen wir auch nicht nur uns als Fashion Changers, sondern alle, die einen Unterschied machen wollen.

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Wie seid ihr auf die Idee gekommen, euch mit Fashion Changers selbstständig zu machen?

Wir hatten alle drei eigene Blogs oder Magazine, die sich mit fairer Mode beschäftigten und haben uns darüber auch kennengelernt. Wir haben gemerkt, dass es keinen Ort für die Fair-Fashion-Community gibt, um sich offline zu treffen, sich auszutauschen und gemeinsam an Ideen zu feilen, die Modewelt zu verbessern. Also haben wir angefangen, selbst Events zu organisieren, um die Community zusammenzubringen. Die Resonanz war so gut und wir hatten so viele Ideen, Fashion Changers weiterzudenken, dass wir schließlich die Gewerbeanmeldungen in den Briefkasten warfen.


Welche Rolle spielt eure Community für Fashion Changers und deinen persönlichen Arbeitsalltag?

Wir haben uns ja aus einem Community-Bedürfnis heraus gegründet und der Kooperationsgedanke ist bis heute fest in unserer Arbeit verankert. In unserem Online-Magazin schreiben verschiedene Autorinnen aus der Branche, weil es uns wichtig ist, verschiedene Perspektiven abzubilden. Unsere aktivistische Arbeit machen wir immer im Verbund mit anderen - so ist nicht nur der Output höher, es hilft auch, um sich nicht alleine gelassen zu fühlen. Geschlossen für Themen wie Klimagerechtigkeit einzustehen, kann unglaublich empowernd sein und Mut machen. Alles, was wir mit Fashion Changers machen, soll das übergeordnete Ziel haben, dass es einen Nutzen für andere gibt, die sich für Nachhaltigkeit und Fair Fashion interessieren oder die in der Modebranche arbeiten. 

Warst du jemals in einem großen Konzern o.ä. angestellt? 

Nach meinem Studium der Literaturwissenschaft habe ich zunächst als freiberufliche Redakteurin – auch im Modebereich – gearbeitet. Als ich dann die Möglichkeit hatte, ein Volontariat in einem großen Publikumsverlag zu machen, der Teil eines Medienkonzern ist, habe ich meine Freiberuflichkeit erstmal aufgegeben. Ich habe dann drei Jahre lang Übersetzungs-, Hörbuch- und Verfilmungsrechte mitverkauft. Bis klar wurde, dass ich mich im Verlag nicht mehr weiterentwickeln kann. Zeitgleich machte sich bei mir immer stärker das Gefühl breit, nachhaltigen Themen mehr Platz in meinem Berufsleben geben zu wollen. 

Neben meinem Vollzeitjob im Verlag führte ich damals einen Blog über nachhaltige Mode und achtete auch privat immer mehr auf eine nachhaltigere Lebensweise. Das fühlte sich dann irgendwann komisch an, diese Werte vor der Bürotür lassen zu müssen. Als ich dann kündigte, mich selbstständig machte und selbst gründete, war das schon fast wie eine Art Befreiungsschlag: Ein Business nach den eigenen Werten aufbauen und was bewegen zu können, hat mir ein ganz neues Lebensgefühl gegeben. Werte einzubringen, kann natürlich auch in einem Angestelltendasein möglich sein – es erfordert viel Mut, sich nicht zu verstellen, und natürlich Offenheit auf Unternehmensseite. Das geht auf jeden Fall, nur ich persönlich kann das definitiv besser in der Selbstständigkeit umsetzen. 


Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Aktuell etwas anders als sonst: Ich wälze die meiste Zeit Zahlen, schaue wie wir finanziell aufgestellt sind, wo wir Unterstützung brauchen und wo wir unterstützen können. Und leider besteht der Tag momentan auch aus vielen digitalen Gruppenmeetings, was ich persönlich recht anstrengend finde. Nur über ein weniger volles E-Mail-Postfach freue ich mich, weil ich dadurch mehr Zeit habe, etwas kreativer und ungestörter zu arbeiten. Das ist mir in Zeiten, in denen alles Kopf steht, sehr wichtig. Aber ganz ehrlich: Ich vermisse die Normalität und freue mich so sehr auf den Tag, an dem ich wieder mit der U-Bahn zum Büro fahre und gemeinsam mit Jana und Vreni unsere Events weiterplanen kann. (Anmerkung: Wir haben das Interview im Frühjahr, zu Beginn der Corona-Krise geführt.)


Worauf bist du besonders stolz?

Ich bin besonders stolz darauf, dass wir es neben all dem Trubel im letzten Jahr geschafft haben, ein Buch zu schreiben. Das liegt jetzt einfach neben mir auf dem Schreibtisch und manchmal denke ich: “Stimmt, wir sind jetzt irgendwie auch Autorinnen, irre!”

Fashion Changers ‑ Wie wir mit fairer Mode die Welt verändern (Knesebeck)

Fashion Changers ‑ Wie wir mit fairer Mode die Welt verändern (Knesebeck)

Was bedeutet independent für dich? 

Für mich persönlich bedeutet independent, unabhängig vom Außen zu sein. Also ganz bei mir zu sein und Entscheidungen zu treffen, die sich gut anfühlen und bei denen meine Schultern nicht gleich verspannen. Ich nenne das auch Stille im Chaos. Wenn Corona für eine Sache gut sein soll (was ich eigentlich nicht glaube), dann weil uns die Krise dazu zwingt, mit uns selbst zu sitzen und mal ganz genau hinzuhören. Wie geht es mir? Laufen die Dinge so, dass ich damit okay bin? Natürlich sind wir alle Teil des Systems, aber wir müssen ja nicht die ganze Zeit alles mitmachen, nur weil die Dinge angeblich so sind wie sie sind (das war im Angestelltendasein übrigens jahrelang mein Mantra). Um die Dinge losgelöst und mit Abstand zu betrachten, musste ich erst das verlernen, was ich beigebracht bekommen haben. Unabhängigkeit ist richtig viel innere Arbeit und ich bin noch lange nicht damit durch.


Welches andere independent-Label kannst du uns empfehlen? 

Für unser Buch haben wir 20 inspirierende Menschen getroffen, die alle auf ganz unterschiedliche Art unabhängig sind und Bestehendes hinterfragen. Mich hat besonders Jeanne de Kroon beeindruckt – als Mensch und als Gründerin von Zazi Vintage

Jeanne geht unbeirrt ihren Weg und hat eine ganz erfrischenden Umgang mit Mode, die für sie in erster Linie Mittel zum Zweck ist, um Frauen entlang der Produktionskette zu empowern. Oder die Designerin Buki Akomolafe, deren gleichnamiges Label eine Art Liebeserklärung an traditionelle Handwerkskunst ist. Ich hätte ihr stundenlang dabei zuschauen können, wie sie an der Nähmaschine die Steppung für die Quilt-Muster, die ihre Teile so besonders machen, entwickelt. Für das Buch haben Jana und Vreni einen ziemlich umfangreichen Brandfinder mit vielen Independent-Labels recherchiert, die alle unseren Support verdienen – jetzt mehr denn je. 

Vielen Dank für das Gespräch!

Übrigens: Am 15.Oktober findet die FASHION CHANGERS KONFERENZ statt. Deine Fachkonferenz zu Mode & Verantwortung | im LIVESTREAM |